Architectura Pro Homine - Forum für Klassische und Traditionelle Baukunst - www.aph-forum.de.vu |
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Autor | Mitteilung |
Schauinsland registriert Beiträge: | Gesendet: 02:13 - 21.04.2003 Interessant sind die unterschiedlichen Wiederaufbaupläne für das zerstörte Zentrum. Heute können wir dankbar sein daß sich der Entwurf der Architekten Heinz Schmeißner und Wilhelm Schlegdental durchgesetzt hat. Städtebaulicher Wettbewerb 1948 Schmeißner: Beibehaltung der Grundstruktur Hassenpflug: Radikale Abkehr von der Historie Im Grundplan wurde festgehalten: Der Stadtgrundriss ist im Wesentlichen aufzunehmen. Die Maßstäblichkeiten der Neubauten sind anzustreben. Die vorhandenen Straßenflächen sind zu nutzen. Eine lebendige Dachlandschaft soll geschaffen werden. Völlig zerstörte Gebäude sollen nicht kopiert werden. Stadtbildprägende, nicht völlig zerstörte, Gebäude sollen wiederhergestellt werden. http://www.100jahre-stpl.nuernberg.de/index_1.html |
Antiquitus
Moderator Beiträge: 943
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Gesendet: 13:14 - 21.04.2003 ich war erst kürzlich in nürnberg und es hat mir dort sehr gut gefallen. natürlich liegt auch dort noch vieles im argen und vieles müsste abgetragen werden. dennoch konnte sich einiges an altstadt und neuer altstadt erhalten. nürnberg bleibt eine romantische stadt. das schönste aber: die stadt hat durch die weite verwendung von rotem buntsandtein, den zahlreichen charakteristischen erkern und der einzigartigen wehranalge ein unverwechselbares gesicht. wieviele deutsche städte können das noch von sich sagen? |
mathias
Senior-Mitglied Beiträge: 315
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Gesendet: 23:59 - 23.04.2003 Mir hat Nürnberg auch gut gefallen, weil ich dort war ohne zu wissen, wie es vor dem Bombenkrieg ausgesehen hat. Angesichts der Umstände der Nachkriegszeit ist der Wiederaufbau eine große Leistung. Schaut man aber im "Bildindex" nach, was alles heute fehlt, dann wünscht man sich doch noch einige Rekonstruktionen z. B. das Pellerhaus, das nur teilweise wieder aufgebaut wurde. |
Antiquitus
Moderator Beiträge: 943
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Gesendet: 00:14 - 24.04.2003 da hast schon recht. da man sich aber glücklicherweise beim wiederaufbau weitgehend an den alten stadtgrundriss gehalten hat, sind für die zukunft alle optionen offen. die gefahr, jedenfalls, dass es in nürnberg weniger statt mehr "wirkliche" altbauten werden, ist recht gering. |
mathias
Senior-Mitglied Beiträge: 315
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Gesendet: 00:33 - 24.04.2003 Es wäre auch ein Ausdruck von Respekt gegenüber den Leistungen des Wiederaufbaus der Nachkriegszeit, wenn man heute - unter viel günstigeren Voraussetzungen - den Wiederaufbau fortsetzte indem man wertvolle Einzelbauten und Ensembles rekonstruiert. |
Antiquitus
Moderator Beiträge: 943
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Gesendet: 00:50 - 24.04.2003 das sehe ich auch so. zudem sollte man den wichtigsten nachkriegsstädtebauern, natürlich nur solchen, die sich für den historisch korrekten wiederaufbau stark machten, denkmäler setzen. die stadt sollte sehr dankbar sein, dass sie jetzt nicht aussieht wie die vielen gesichtslosen und unschönen anderen städte. |
Anonymous
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Gesendet: 04:19 - 27.04.2003 Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, wieviel Mentalität und Herkunft mit Stadtgestaltung zu tun hat? @Antiquitus "die stadt sollte sehr dankbar sein, dass sie jetzt nicht aussieht wie die vielen gesichtslosen und unschönen anderen städte." Schöner, wie übrigens alle deutschen Städte im katholischen Süden. Und auch Oesterreich ist durchaus in Ordnung, selbst Neubauten werden in diesen Regionen häufig traditionell und insgesamt harmonischer gestaltet. Siehe auch die lateinischen Länder... Im Vergleich dazu werden in Stuttgard oder Zürich (alemannische Mentalität), obwohl regional nahe zu München oder Innsbruck, nur modernistische, gefühllose Betonschachteln errichtet. In sofern passt Nürnberg ins Bild. Aber es gibt auch hier noch viel zu tun... |
Anonymous
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Gesendet: 23:46 - 14.05.2003 Liebe Leser des Forums! Die Aufbauleistungen des Stadtplaners Schmeissner samt aller Mitarbeiter seines Umfelds sind wirklich etwas besonderes und gar nicht hoch genug zu bewerten. Betrachtet man das Ergebnis, so muss er einen Ehrenplatz in Nürnbergs Stadtgeschichte bekommen. Durch sein beherztes Eintreten, gegen alle Meinungen des damals herrschenden Zeitgeistes, wurde Nürnberg ein Schicksal wie manch anderer deutschen Stadt erspart und so etwas wie „gerettet“. So sehr mir aber euer Lob über das Nürnberg der Gegenwart auch schmeichelt, eines liegt mir am Herzen: Die gezeigten Bilder sind leider nicht das, was Nürnberg war. Sie sind nicht mehr, als die traurigen, isolierten und stumpfen Reste einer untergegangenen Stadt. Fragmente – Relikte – zusammenhanglos nebeneinander stehende, stumme Zeugen einer (scheinbar) weit, weit entfernten Epoche. 90% wurden am 2. Januar 45 verbrannt, zerschlagen, zermalmt. Viele Reste historischer Substanz im Zuge der hektischen Wiederaufbauphase der 50er und 60er und im Bestreben die Nürnberger Innenstadt wieder zu einem wirtschaftlichen Zentrum zu machen, beseitigt. Der ursprünglichste Teil der Altstadt brannte bis auf den glühenden Boden herab. Nach dem Krieg war das Gebiet ein Fußballplatz ohne Rasen, genannt die „Sebalder Steppe“. Es gab keinen Feuersturm - im Gegensatz zu Hamburg brannten die 600 Jahre alten Häuser der alten Stadt Nürnbergs still und langsam herunter – man meinte fast so, als wollten sie den Abschied so lange wie möglich hinauszögern. Es gibt Städte die traf es noch schlimmer, die meisten ebenso schlimm. Das Gesicht der deutschen Stadtlandschaft wurde durch den WW2 für immer gezeichnet. Mir geht es hier über unser Bild der Städte: wir dürfen uns nicht mit dem zufrieden geben, was wir sehen! Um bei meinem Beispiel Nürnberg zu bleiben : Es ist nichts im Vergleich zu dem, was es gewesen ist! Über mehrere Jahrhunderte hinweg hegte und pflegte der Rat Nürnbergs das Stadtbild. Von Generation zu Generation fügte sich eine neue Bebauung immer an die alte, bisher vorhandene an. Innerhalb der Stadtmauer drängten und duckten sich über 2300 mittelalterliche Einzelhäuser, viele 500/ 600 Jahre alt. Windschief und bucklig, erhaben und schön, stolz und bescheiden. Handwerkerhäuser, Patrizieranwesen, Wohnhäuser; italienischer und niederländischer Einfluss. Jedes einzelne stünde heute unter Denkmalschutz... Nürnberg war neben einigen wenigen anderen Städten in Deutschland eine der schönsten Europas. Von der harmonischen, gewachsenen Stadtstruktur mit den großen italienischen Städten Venedig oder Florenz vergleichbar, aber eben als Vertreter der typisch mitteleuropäischen/deutschen Architekturentwicklung (und natürlich ohne die hervorstechenden Paläste wie genannte Städte sie besitzen). Nicht umsonst wurde Nürnberg als „deutscheste der deutschen Städte“, „des Reiches Schatzkästlein“ oder „der Ort, an dem die deutsche Seele Luft holt“ bezeichnet. Blättert man in Bildbänden über Nürnberg vor 1945 treten einem die Tränen in die Augen. Was also tun? Sicherlich kann man das alte Dresden, Nürnberg, Hildesheim, Würzburg, Lübeck, Frankfurt, Potsdam und all die anderen nicht mehr im Detail rekonstruieren. (Das wäre alleine für Nürnberg schon eine Aufgabe, der sich die gesamte Bundesrepublik mehrere Jahrzehnte widmen müsste...) Sie alle sind in Asche und Feuer versunken. Aber Annäherungen an die vergangenen Stadtbilder vor WW2 müssen doch möglich sein! Das Schulden wir schon alleine der Aufbaugeneration und eben solchen Persönlichkeiten wie Schmeissner. Sein geschaffener Stadtgrundriss ruft förmlich nach Vervollkommnung! In jeder deutschen Stadt gibt es Dutzende von Gebäuden, die uns viel Flair und „Stadtbild“ zurückgeben könnten und die auf einen Aufbau warten. Viele Plätze könnten als „für eine Stadt typisch“ wiedererstehen. Wie gern könnten dafür die quadratischen, grauen und seelenlosen Auswüchse der Nachkriegs-Architektur beseitigt werden! Ich bin waschechter Nürnberger, Anfang dreissig und seit Jahren immer von den alten gewachsenen Städten Italiens, Frankreichs, Spaniens, Portugals fasziniert gewesen. In jungen Jahren wunderte ich mich, warum sich die deutschen Städte so hässlich, trostlos zeigen. Jahrelang war mir rätselhaft, weswegen andere Nationen so viele Zeugnisse ihrer Vergangenheit besitzen, wir Deutsche aber nur einzelne architektonische Inseln in ansonsten modernen, schmucklosen Städten. Ich glaube, solche Gedanken sind vielen bekannt. Es wird Zeit, das unsere Generation den nächsten Teil der Verantwortung trägt und den Weg des Wiederaufbaus ein gutes Stück weiter beschreitet. Die Nachkriegsgeneration hat die ersten Grundlagen geschaffen, wir müssen weitergehen. Nachdem was es in Deutschland noch zu tun gibt, werden sowieso selbst die Kinder unserer Kinder noch daran zu tun haben, bis man sich in deutschen Städten wieder so wohl fühlt, wie es vor 1945 der Fall war. Grüße aus Nürnberg |
mathias
Senior-Mitglied Beiträge: 315
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Gesendet: 00:35 - 15.05.2003 @anonymous Ich stimme voll zu! |
luciensteil
Novize Beiträge: 38
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Gesendet: 13:11 - 15.05.2003 Liebe Freunde Ausgezeichneter Wiederaufbau in Nürnberg. Schon die Planzeichnung hat eine Schönheit und "Wahrheit" die dem fragmentierenden und dekonstruktiven "Rationalismus"(in Wirklichkeit ist es aber nich sehr rational und noch weniger funktionell,...bewiesermassen hat der moderne Urbanismus weder funktional wie esthetisch überzeugt!) des Nachkriegszeit Modernismus niemals vermitteln konnte. Betreffend Luxembourg's kann ich nur mit Schlüter übereinstimmen: dramatisch ist dass Luxembourg überhaupt fast keine Kriegsschäden hatte und die Zerstörung eine pure von Architekten geplante und von Politikern eingeleitete historisch-ekonomisch-kulturell "Transfiguration" ist die erst ungefähr im Jahre 1963 begann und sehr kräftig in 2 Jahrzehnten durchgezogen wurde und noch heute von offizieller Seite als eine geglückte "Modernisation" weiterverfolgt wird. In Portugal wo ich im Moment arbeite, sehe ich ein ähnliches Phenomen von rapider und gefühloser Stadtzerstörung dass einem das Herz flabbert, sogar als Nicht-Einheimischer...Warum dieses gestörte Verhältnis zu einer geschichtlichen und hervorragenden Bausubstanz und Stadtkultur? Deutschland hat insgesamt eine sehr schmerzhafte Geschichtsbewältigung und die neuesten Ereignisse in der Weltpolitik und eine hochsensibilisierte Weltöffentlichkeit kann einem schon sehr zu Denken geben: die gnadenlosen Bombardierungen der deutschen Städte und die gezielte Zerstörung der meisten historischen Denkmäler und der Zivilbevölkerung müsste man ja rückblickend mit Entsetzen verurteilen, ohne dabei überhaupt einer NS Sympathie bezichtigt werden könnte. Diese Zestörungen können retrospektiv nicht gelinder beurteilt werden als die Napalm Bombardierungen in Vietnam oder die rezenten Kriegshandlungen in Irak (im Vergleich zur Bombardierung Dresden's fast zaghaft..) Natürlich kann man Vergangenes nicht mehr wiederbeleben (meiner Meinung nach und in übereinstimmung mit J.W. von Goethe..) aber die "Rekonstruktion" beinhaltet ja nicht ausschliesslich ein "Revival" der exakt genau und identischen Situation, aber schlägt eine verarbeitete, verbesserte und lebendige Wiederherstellung vor, in welcher Kontinuität und Identität massgebend sind. Ich habe im Zusammenhang des WTC in NY einen Text über die Rekonstruktion geschrieben und würde ihn sehr gern auf deutsch übersetzen: ich glaube dass das Konzept der "Rekonstruktion" nicht nur in Deutschland ein grundlegendes Thema der menschlischen Existenz überhaupt ist! Ich glaube auch dass es sehr wichtig ist das Thema über Heimatsnostalgie und Verlustschmerzen hinaus sehr solide theoretisch und philosophisch abzumessen um es zu einem "kulturkämpferischen" Paradigma zu gestalten. Beste Grüsse Lucien Steil |
katarxis
registriert Beiträge:
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Gesendet: 13:41 - 15.05.2003 "Das Leben ist ein kontinuirlicher Prozess von Rekonstruktion. Die Inkapazität zum Wiederaufbau führt zu einer Inkapazität von Leben." (Léon Krier) Hier ein Link zu meiner Katarxis Rekonstruktion's Seite: http://luciensteil.tripod.com/katarxis02-1/id13.html Allerbeste Grüsse Lucien Steil |
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