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Autor Mitteilung
luciensteil
Novize

Beiträge: 38


 

Gesendet: 23:15 - 22.06.2003

Umnutzung des Reichparteitagsgelände in Nürnberg: Sehr interessante Diskussion in der Gemeindeverwaltung: Hat jemand Projektdetails? Gibt's da schon was Konkretes oder ist der Planungsprozess erst am Anfang? Es wäre wichtig den Bürgermeister gut und sachlich zu beraten...

http://www.nuernberg.de/rpg.pdf

Beste Grüsse
Lucien
Jürgen
Senior-Mitglied

Beiträge: 370


 

Gesendet: 00:25 - 23.06.2003

@lucien
Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand ist die aktuellste Planung noch am Anfang. Das Thema wird jedoch seit 1945 regelmäßig wiederkehrend diskutiert. Vom Umbau der großen Kongresshalle zu einem Fußballstadium bis hin zu einem Einkaufszentrum wurden schon verschiedene Vorschläge gemacht.

Schwierigkeiten bereiten vor allem die gigantischen Ausmaße der übriggebliebenen Bauten.
Sie sind einfach zu groß gewesen, um sie nach 45 einfach zu entsorgen und loszuwerden.

Das Gelände war ja einzig zur Inszenierung und politischen Propaganda errichtet worden. Dabei entwickelten die Nationalsozialisten eine bis dahin unbekannte Professionalität.

Die hohlen, dünnen Reden wurden durch Fahnenorgien und Lichteffekte wettgemacht...

Um eine Vorstellung zu geben, ich weiß nicht, ob Du das Areal kennst:

[Link zum eingefügten Bild]


Die sog. „Große Straße“ in der Bildmitte (von S nach N) ist noch vorhanden und 2km lang.
Das hufeisenförmige Gebäude halblinks ist der unvollendete Bau der Kongresshalle: sollte ein freitragendes Dach bekommen und 50.000 Zuschauer fassen, heute ist in einem Teil der Räumlichkeiten die sehr gute Ausstellung „Faszination und Gewalt“ untergebracht.

Das Märzfeld (Mitte, oben) sollte 955m x 610m Ausdehnung besitzen. Über die projektierte Zahl der Zuschauer existieren unterschiedliche Angaben: zwischen 150.000 und 500.000.

Was derzeit noch steht ist die Große Straße, der unvollendete Bau der Kongresshalle, das Zeppelinfeld (links) und die Luitpoldarena (unten).
Alles sehr groß.

Wie gesagt, derzeit weiß ich noch nichts näheres, mache mich aber kundig und stelle die Ergebnisse kurzgefasst hier ein.

Über das damals angefertigte Stadtmodell im M 1:500 der Nürnberger Altstadt habe ich nähere Informationen bekommen:
In einem Altstadtbericht der Altstadtfreunde wurde 1985 von dem Verantwortlichen ein Artikel dazu geschrieben, der es damals zusammen mit den Skizzen in den Kunstbunker rettete. Ich denke, das wäre interessant für Dich...

Könntest Du mir deswegen noch mal Deine Adresse angeben, dann kann ich Dir morgen das Heft zuschicken (mit einem Schönen Gruß von Dr. Mulzer).
luciensteil
Novize

Beiträge: 38


 

Gesendet: 01:19 - 23.06.2003

Lieber Jürgen

Dankeschön für die ausführlichen Erörterungen! Scheint in der Tat eine verzwickte Angelegenheit zu sein...Mich interessierte in dem PDF Dokument die sehr konsequente und komplexe Architekturphilosophie des Bürgermeisters und seine klare Abgrenzungen gegenüber dem akademischen Modernismus und Dekonstruktivismus. Mir scheint Nürnberg hat den intellektuell-kunstlerischen Bluff und den wissentschaftlichen Betrug der Stararchitekten Eisenman und Libeskind erfasst und zieht dem eine Architektur vor die aus einer geschichtlichen Tradition erwachsen ist und sich in dieser Tradition organisch erneuern und erfrischen kann. Da geht ja auch von einem "Mahnmal" die Rede und vielleicht wäre es an der Zeit ein architektonisch-städtebauliches Mahnmal zu erschaffen was nicht die Monumentalität des Grauens und der Verwirrung darstellt aber die Kraft der Versöhnung und des Heilungsprozesses der sich in der Rekonstruktion (materielle und moralische Rekonstruktion)in einer kultivierten und erzieherischen Weise veranschaulicht!

Hier meine Postadresse:
Lucien Steil
26, Rue Laurent Menager
L-2143 Luxembourg

oder auch bis Ende 1.Woche Juli:
Arq. Lucien Steil
Universidade Catolica Portuguesa
Centro Regional das Beiras
Estrada da Circunvalação
3504-505 VISEU
Portugal

Nochmals vielen Dank
Mit besten Grüssen
Lucien
Norimbergus
Stammgast

Beiträge: 82


 

Gesendet: 17:50 - 23.06.2003

Zum Reichsparteitagsgelände:
Es gab wohl kürzlich einen Wettbewerb, aber kein Beitrag überzeugte. Ich muß aber sagen, daß ich mir die Entwürfe nicht angesehen habe. Die Reaktionen waren aber von allen Seiten negativ. Daraus resultierte diese neue Diskussion.
Die Luitpoldarena existiert übrigens nicht mehr. Die Tribünen wurden geschleift. Die Wälle der westlichen (rechten) Tribünen existieren noch, sind aber bepflanzt. Einige winzige Mauer- und Treppenreste der Arena und der Luitpoldhalle (das ist der langgestreckte Bau rechts daneben, gebaut für die bayerische Landesausstellung 1906, von Speer umgestaltet, im Krieg zerstört) existieren aber wohl noch. Das einzige Gebäude der Luitpoldarena, das noch steht, ist die Ehrenhalle am östlichen Ende. Diese wurde 1928-30 von der Stadt Nürnberg für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs erbaut und von den Nazis schon vor der offiziellen Einweihung bei ihrem Reichsparteitag 1929 genutzt. Architekt war übrigens Fritz Meyer (vielleicht wird er auch Mayer geschrieben, ich kann gerade nicht auf die online-Version des Nürnberger Stadtlexikons zugreifen, um das zu klären), der später das Gästehaus der NSDAP am Bahnhofsplatz (nach dem Kriegs Bavarian American Hotel) neben dem Grandhotel und nach dem Krieg das hier schon oft und zu Recht gescholtene neue Pellerhaus gebaut hat.

Recht gute Informationen und Bilder über das ehemalige Reichsparteitagsgelände bietet übrigens diese Seite:
http://www.csu-lichtenhof.de/html2/nbg04.htm
mathias
Senior-Mitglied

Beiträge: 315


 

Gesendet: 18:32 - 23.06.2003

@Norimbergus

Danke für den Hinweis auf Fritz Meyer. Wieder ein Beispiel für Kontinuität von NS-Architektur und Nachkriegsstädtebau! Die hohle Monumentalität des Baues, der zur Zeit die Stelle des Pellerhauses einnimmt, passt wahrscheinlich zu den früheren Bauten dieses Architekten. Ein Bau, der so ganz auf alle Verspieltheit und romanisches Raffinement verzichtet zugunsten "germanischer Schlichtheit", dürfte auch den Nazis besser gefallen haben als das orignale, italienisch "überfremdete" Pellerhaus...
PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 19:50 - 25.06.2003

hi jürgen

du bist doch unser nürnberger experte. ich habe hier eine schöne ansicht gefunden, die kennst du bestimmt. weisst du wo, das hier ist?

und - gibts so schöne stellen noch viele ? dann wäre nürnberg ja gar nicht schlecht!

[Link zum eingefügten Bild]
Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 20:02 - 25.06.2003

und mich würde interessieren, ob das "kaiser-pils" (s. bild) in nürnberg gebraut wird?
Norimbergus
Stammgast

Beiträge: 82


 

Gesendet: 20:30 - 25.06.2003

@mathias:

Ich habe jetzt noch mal nachgeschaut. Der Mann hieß Fritz Mayer. Er war beim Wiederaufbau für die Gestaltung der Westseite des Hauptmarkts und für den gesamten Egidienplatz zuständig. Das Pellerhaus hat er selbst zusammen mit seinem Sohn gebaut.

Es ist wirklich sehr interessant und teilweise auch überraschend zu sehen, welche Kontinuitäten es gegeben hat. Fritz Mayer hat ja schon für das von einem liberalen Oberbürgermeister regierte Nürnberg mit einem sozialdemokratisch dominierten Stadtrat in der Weimarer Zeit gebaut, dann für die Nazis, dann beim Wiederaufbau.
Besonders erstaunlich ist die Karriere von Walter Brugmann. Der Einfachheit halber zitiere ich hier aus dem Stadtlexikon Nürnberg:

"Stichwort Brugmann, Walter, Prof. h.c.
Geburtstag *2.4.
Geburtsjahr 1887
Geburtsort Leipzig
Todestag +26.5.
Todesjahr 1944
Beruf Architekt
Nach dem Studium an den TH Karlsruhe, Charlottenburg und Danzig folgte eine mehrjährige Tätigkeit als freier Architekt. Von 1914-18 leistete B. Kriegsdienst. 1922 begann er als Bauamtmann bei der (->) Hochbauverwaltung der Stadt N. Bereits 1925 wurde er zum Oberbaurat und Leiter des Hochbauamts befördert. Er war u.a. für die Bauten der Versorgungsbetriebe, die Erweiterung des (->) Schlachthofs, den Umbau des (->) Alten Stadttheaters sowie Siedlungsbauten und den Umbau der (->) Norishalle verantwortlich. 1928 wurde er zum (->) Berufsmäßigen Stadtrat und Hochbaureferenten der Stadt N ernannt. Unter seiner Leitung entstanden die auch überregional beachteten N kommunalen Bauten im Stil der Moderne. Nach der Machtübernahme bedienten sich die Nationalsozialisten der Fähigkeiten B. Seine ohne Bruch anschließende zweite Karriere begann zunächst noch im Dienst der Stadt, führte ihn dann in höchste staatliche Positionen. So wurde er 1934 von Albert Speer mit der örtlichen Bauleitung der Bauten auf dem (->) Reichsparteitagsgelände beauftragt. Die Ehrungen anläßlich seines 50. Geburtstags lassen die Wertschätzung B. in Staat und Partei erahnen: Er erhielt im Auftrag Adolf Hitlers von Speer ehrenhalber den Professorentitel verliehen. 1938 wurde B. für weitere zwölf Jahre zum Baureferenten der Stadt bestimmt. Zusätzlich beauftragte ihn Speer 1940 mit der Generalbauleitung für die Neugestaltung der Reichshauptstadt Berlin. Auch im Krieg bewährte sich B. Organisationstalent: 1940 wurde er Leiter der Baugruppe im Rahmen des Luftrüstungsprogramms, dann Leiter des Baustabs Speer in Rußland und 1942 schließlich Leiter der Organisation Todt Einsatzgruppe Rußland-Süd. 1944 kam B. bei einem Flugzeugabsturz an der Ostfront ums Leben."


Auch Heinz Schmeißner und Wilhelm Schlegtendal, die ja den Wettbewerb für den Wiederaufbau der Altstadt gewonnen haben, haben ihre Karriere im Dritten Reich begonnen. Sie waren mit der Umgestaltung des Plärrers beauftragt (wozu es nicht gekommen ist) und haben (zumindest einer von beiden, vielleicht auch alle zwei, das weiß ich nicht mehr genau) die Hermann-Göring-Schule, heute Grundschule Oedenberger Straße, den angeblichen größten Schulneubau während der Nazizeit, gebaut. Daneben gab es natürlich noch einige andere Projekte. Wilhelm Schlegtendal hat dann nach dem Krieg das 1951-53 errichtete Plärrer-Hochhaus entworfen.


@Antiquitus:
Kaiser-Bräu ist in Neuhaus an der Pegnitz ansässig. Es ist die größte Privatbrauerei im Nürnberger Land (das ist der östlich an Nürnberg angrenzende Landkreis. Er entspricht zusammen mit der Stadt Nürnberg in etwa dem Territorium der früheren Freien Reichsstadt Nürnberg).
Norimbergus
Stammgast

Beiträge: 82


 

Gesendet: 20:39 - 25.06.2003

@Antiquitus:

Nach Deinem Nürnberg-Besuch hattest Du einen häßlichen Rechteck-Erker in der Nähe des Heilig-Geist-Spitals erwähnt, wenn man dieses von der Museumsbrücke aus betrachtet. Meintest Du damit die auskragenden Obergeschosse des Gebäudes am auf diesem Foto rechten (eigentlich, wenn man die Fließrichtung bedenkt, dem linken) Pegnitzufer?

[Link zum eingefügten Bild]

Einen anderen "Erker" habe nämlich nicht entdecken können.
PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 20:42 - 25.06.2003

Grrrrrrrrrrrr

jetzt redet ihr über kaiser pilsner, wo diese strasse in nürnberg ist, wollte ich wissen !!!!

das blöde ist, wenn es seiten zurück liegt, liest es niemand mehr !!! und ich habe den link nicht mehr.

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