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 Forum Index —› Deutschland —› Berlin: Nikolaiviertel
 


Autor Mitteilung
der_Sauerländer
Stammgast

Beiträge: 53


Gesendet: 01:05 - 21.09.2004

Da ich hier im Forum noch nichts gefunden hab und ich mir unlängst bei meinem letzten Berlin - Besuch das Nikolaiviertel angeschaut hab, wollte ich mal darüber etwas berichten, da es ja auch in den Bereich Rekonstruktionen gehört!

Mittelpunkt dieses Viertels, zwischen Spree, Marx - Engels - Forum, dem Roten Rathaus und dem Molkenmarkt gelegen, ist die Nikolaikirche: das älteste erhaltene Bauwerk Berlins.

Dieses Viertel gehört zu den Ursprüngen der Stadt Berlin. Im Krieg weitgehend zerstört, wurde das Viertel erst in den 1980er Jahren wiederaufgebaut. Die DDR - Führung wollte zum 750 - Jährigen der Hauptstadt etwas schenken und so entstand das Nikolaiviertel neu und sollte das mittelalterliche Berlin darstellen.

Während mehrere Gebäude, sowie die Kirche (allerdings ohne kirchliche Funktion)restauriert/rekonstruiert wurden, wurden andere Gebäude versetzt (z.T mehrere Meter , z. T. sogar von der Fischerinsel). Die restlichen Gebäude wurden als Plattenbauten in Höhe, Grundriss und historisierenden Elementen (vgl. Gendarmenmarkt) dem historischen Vorbild angenähert errichtet.

In der Folgezeit wurde dieses Ensemble häufig als Disneyland angegriffen und vor allem die Plattenbauten fallen sofort auf.

Eine eigene Meinung können sich die Nicht - Berliner im Internet z.B. unter:

http://www.berlinstreet.de/orte/nikolaiviertel.shtml

http://www.berlingeschichte.de/index.html

http://www.berlin-nikolaiviertel.de/index-de.htm

bilden.

(Leider kann ich keine Bilder einstellen, Vielleicht kann das ja ein Berliner nachholen.)

Viele Besucher haben das Nikolaiviertel inzwischen angenommen und fühlen sich hier wohl. Vor allem auswärtige Touris mögen das Flair, das das Ensemble ausstrahlt.

Was mir aufgefallen ist: die Plattenbauten fügen sich relativ gut in das restliche Viertel ein.
Dass die Gebäude zum Teil versetzt wurden stört mich nicht. Wichtiger finde ich die Wiederherstellung der alten Straßenzüge, der Gebäudehöhe und die Rekos. Ich finde man hat hier wieder so etwas wie Urbanität hergestellt, eine Stelle im Großstadttrubel, in der man sich wohl fühlt.
Ich denke aber, dass man mit einfachen Mitteln auch die Plattenbauten verbessern könnte, z.B. Putz um die Nahtstellen der Plattten zu verkleiden, sowie evtl. Stuck
(Auch in Dresden bei der GHND werden ja z. T. nur Fassadenrekos angestrebt.) .
Auf diese kostengünstige Weise könnte man doch eigentlich auch den Marx - Engels - Platz wieder urbanisieren; und dem Schloss eine bessere Rückseite geben.
Vor allem der Denkmalschutz hätte damit aber wahrscheinlich wieder ein Problem ("Es ist ja keine Bausubstanz vorhanden."), aber das Nikolaiviertel steht inzwischen auch unter Denkmalschutz.

Um mich nicht falsch zu verstehen, ich bin natürlich für eine Totalreko der historischen Mitte Berlins, aber aus finanziellen Gründen kann man sich ja auch erstmal mit Teilzielen zufrieden geben.


fonti
Stammgast

Beiträge: 88


 

Gesendet: 15:26 - 21.09.2004

Das Hauptproblem, weshalb es auch öfter als DisneyLand bezeichnet wird, ist dass das Nikolaiviertel umgeben ist von Leere und Plattenbauten. Es erscheint wie eine kleine Welt für sich. Unteranderem deshalb muss auch unbedingt das Marx-Engels-Forum, ein großer Teil der Altstadt Berlins, wiedererrichtet werden! Ein urbanes Viertel könnte die Spandauer Vorstadt mit Schlossplatz und Nikolaiviertel verbinden und so eine urbane, historische Mitte unserer Hauptstadt bilden. Dabei sollten einige Gebäude als Leitbauten rekonstruiert werden und die restlichen in traditioneller Weise (Neumarkt-like), ähnlich wie in der Spandauer Vorstadt wo es, bis auf ein paar Ausnahmen, eine gute Mischung von alt und neu gibt. Dies sollte auch auf das Zwischengebiet, südl. des Bahnhofs Hackescher Markt, ausgebaut werden, aber nicht mit den Bauten die dafür geplant sind wie man in einem anderen Thread nachlesen kann, sondern mit dem historischen Straßenverlauf angepassten Häusern.
Ach, ich glaub ich fang schon wieder an zu träumen...
Naja, auf jeden Fall finde ich die jetzige Straßenführung im Nikolaiviertel gar nicht so schlecht, man sollte nur bei den in Plattenbauweise errichteten historisierenden Häuser ein bißchen mehr Abwechslung erzeugen, z.B. durch unterschiedliche Fassadenverschönerungen mit Stuck o.ä., wie oben auch schon angesprochen wurde.
Nik
Novize

Beiträge: 39


 

Gesendet: 15:46 - 21.09.2004

Nicht zu vergssen ist allerdings, dass zuerst alles erhalten rund um die Kriche platt gemacht wurde!
Für mich zählt das Viertel trotzdem zu einem der besten von der DDR gebauten Ensamble.

In Zukunft wird das Viertel sicher mehr mit den Bereichen richtung Stadthaus verknüpft.
Was ich allerdings am wichtigsten fände, wäre die öffnung der Rathausstrasse und des Alex für Autoverker. Die Leipziger Strasse würde entlastet, es würde mehr Urbanität entstehen und das Rathaus stünde nicht mehr an einer häßlichen, provintiellen Füßgängerzon!
Schloßgespenst
Mitglied

Beiträge: 106


 

Gesendet: 10:29 - 22.09.2004

Das Nikolaiviertel war ja auch eine Art Widergutmachung für die Abrisse auf der Speeinsel, genauer gesagt Fischerinsel. Dort stand das eigentliche historische Berlin. Bis in die 60er-Jahre war die Bebauung (die ältesten Häuser aus dem 16.Jh) überwiegend erhalten, und dann wurde alles auf einmal abgerissen. Einige vereinzelte Häuser rettete man ans gegenüberliegende Ufer oder isn Nikolaiviertel, ansonsten stellte man scheußliche Hochäuser hin, die heute noch da stehen.
Man muß sich das mal vorstellen: Das ist, als würde man mal eben die gesamte Heidelberger Altstadt plattmachen! Und dann stellt man 20 Jahre später ein Altstädtchen mit bemühter German Gemütlichkeit hin, bitte schön, hier ist Berlins gute Stube. Wenn auch zum Teil aus Betonplatten. Kein Wunder, daß das Nikolaiviertel nicht ernstgenommen wird.
Ben
Goldenes Premium-Mitglied

Beiträge: 1337


 

Gesendet: 16:39 - 22.09.2004

"Dort stand das eigentliche historische Berlin."

Nicht wirklich...Dort stand das hist. Cölln, soz. Berlins "ältere Schwester"...Das hist. Berlin war das Nicolaiviertel...Aber egal...

DAS ist Disenyland! Bis auf die Kirche, steht dort ja kaum noch etwas an seinem urspr. Platz! Gebäude wurde von einer Ecke in die andere oder eben von der Fischerinsel dorthin versetzt. Die hist. Strassenfürung wurde auch nur bedingt wiederhergestellt...

Ich finde auch, man sollte das Marx-Engels-Forum wieder bebauen oder - da ein totaler Abriss bestimmt verhindert werden würde - zumindest umbauen (d.h. die Grünfläche käme zwar weg, aber die beiden würden auf einem kleinen zentralen Platz stehen bleiben...). Und wenn man schon dabei ist, kann man dann auch das Nico entlang der Rathausstr. rekonstruieren...
Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 13:21 - 23.09.2004

ich gehe fast nie ins n. die merkwürdigen alt-platten stoßen mich ab. die im barocken stil wiederaufgebauten häuser im süden und osten gefallen mir, aber der rest... *würg*. ich führe besucher auch nur dorthin, wenn sie es ausdrücklich wünschen, weil ich mich für diesen plattenschund eher schäme.
außerdem ist die bereits erwähnte isolierung hoch problematisch.


Schloßgespenst
Mitglied

Beiträge: 106


 

Gesendet: 15:15 - 23.09.2004

@ben

Cölln und Berlin wurden bereits 1432 vereinigt, und zwar unter dem Namen Berlin, also dürften die Häuser, die im 20.Jh. noch standen, tatsächlich das historische Berlin darstellen.
Mit historisches Berlin meinte ich eigentlich das zu dieser Zeit noch vorhandene, also den noch stehengebliebenen Altstadtkern.
Roy Batty
Mitglied

Beiträge: 133


 

Gesendet: 21:49 - 23.09.2004

Das Nikolaiviertel und die DDR-Postmoderne - und noch ein bißchen mehr :drink:. Damit kann ich dienen.

Da ich alles schon geschrieben hatte, hier der Link.

http://www.politikforum.de/forum/showthread.php?s=402a2733f624ecf60f6422fda0cf5de9&threadid=74948&highlight=Nikolaiviertel

Genaugenommen ist es der 4. Beitrag und teilweise die nachfolgenden; eingebettet in eine interessante Diskussion über Städtebau im allgemeinen. Wobei mich echt wundert, daß derartiges ausgerechnet von Balkanesen ins Spiel gebracht wurde...und nicht von Deutschen...
Ben
Goldenes Premium-Mitglied

Beiträge: 1337


 

Gesendet: 23:46 - 23.09.2004

Ich habe diverse solche Heftchen über die Geschichte einzelner Gebäude/Viertel/Straßen in Berlin. Beim Nico steht gleich auf der ersten Seite in der Einleitung: "...Plattenbauten(...), die mit ihrer geriffelten Verkleidung an Wellblechhütten, in ihrer hellgrünen Farbgebung an Badezimmeinterieur erinnern...". Besser kann man's glaube ich kaum beschreiben...
der_Sauerländer
Stammgast

Beiträge: 53


 

Gesendet: 15:09 - 24.09.2004

@Ben und Antquitus:

Ich finde, ihr seht das zu negativ. Ich finde für die DDR, die in den 80ern schon wirtschaftlich in den letzten Zügen lag und nur durch Westkredite über Wasser gehalten wurde, wurde schon eine beachtliche Leistung erbracht!
Und immerhin ist das Nikolaiviertel die einzige Gegend, in der man das alte Berlin erahnen kann.

Wahrscheinlich seht ihr als Berliner dies anders! Aber als Ortsfremder ohne Ortskenntnis würde es doch nie auffallen, dass einige der Gebäude versetzt wurden, man würde lediglich vermuten, dass die Platten die kriegszerstörten Bauten ersetzten.

Aber wir sollten jetzt nicht nur lästern, sondern aus dem was da ist, das Beste machen! Ich denke, dazu zählt:

1) Verbesserung der Platten (s.o)

2) die angesprochene Isolation überwinden (Verkehrssituation)

3) Ausweitung und Rekonstruktion auf die Lehrflächen zwischen Alex und Schloss!

Zumindest letzteres war ja schonmal geplant (zumindest die Wiederbebauung)

Die Frage ist wie!
Eine Möglichkeit wäre eventuell, die Aktionsgemeinschaft Nikolaiviertel(http://www.berlin-nikolaiviertel.de/index-de.htm) in Sachen Plattenveränderung zu kontaktieren.

Ich weiß nur nicht, ob da der Denkmalschutz mitmacht (die Platten sind ja denkmalgeschützt!)

Ben
Goldenes Premium-Mitglied

Beiträge: 1337


 

Gesendet: 22:34 - 24.09.2004

Naja, wenn man bedenkt, dass es Pläne gab, das Nico im Rahmen der Planungen zur soz. Hauptstadt zu fluten und eine Art Yachthafen anzulegen, dann ist das jetzige Produkt schon das geringere Übel...Obwohl, wenn man es geflutet hätte, würde es heute vielleicht Reko-Pläne wie am Neumarkt geben...

Dass einem Touri (oder einfach jemandem ohne das hist. Hintergrundwissen) nicht auffällt, ob jedes Gebäude an seinem alten Platz steht, ist schon klar...Ich habe mich nur versucht, mich in einen Denkmalschützer hineinzuversetzen !

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