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Autor Mitteilung
Weißer Wolf
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Beiträge: 463


Gesendet: 03:35 - 02.07.2004

"Das Herz muss schlagen"
Aschersleben präsentiert sich als IBA-Modellstadt des Stadtumbaus

von Dankwart Guratzsch

Aschersleben - 1250 Jahre hat der alte Hauptort der Grafschaft Askanien auf dem Buckelpflaster - Aschersleben, das in der geografischen Mitte des Städtedreiecks Magdeburg, Halle und Nordhausen liegt. Doch jetzt hat die kleine Stadt zu kämpfen. Seit 1976 ist die Einwohnerzahl um fast ein Drittel auf 25 00 geschrumpft, seit 1990 allein um 7000. Stadtumbau wird zur Existenzfrage für die kleine Stadt. Wie sie sie meistert, das wird an diesem Wochenende auch Thema des Sachsen-Anhalt-Tages sein, zu dem 300 000 Besucher erwartet werden.


Schon gestern kam die Thematik durch ein kurioses Objekt auf die Tagesordnung. In der Straße Hinter dem Zoll wurde der "Hybrid-Wall" eingeweiht - eine Wandinstallation mit Lärmschutzeffekt, die im Kontext der IBA Sachsen-Anhalt 2010 von der Berliner Planungsgruppe "chezweitz" entworfen wurde und eine durch Hausabbrüche entstandene Baulücke schließt.


So effekthascherisch die "Medienskulptur" anmutet - weit über die kleine Stadt hinaus wird sie noch Diskussionen entfachen. Denn die Streitfrage, ob der Stadtumbau mit dem Leitbild der "kompakten" oder der "perforierten" Stadt bewältigt werden kann, ist bisher nicht entschieden. Der Ansatz "kompakt" zielt auf Schrumpfung von außen nach innen, das Modell "perforiert" dagegen auf punktuelle Ausdünnung der Bebauung. Der neue "Hybridwall" ist als Werkzeug speziell dieses Modells zu sehen - und enthüllt zugleich seine Schwäche. Perforation ist nicht ohne Zusatzkosten zu haben, mit denen negative Nebeneffekte wie Lärmimmissionen oder Betriebskosten für den viel zu groß gewordenen "Anzug" der technischen Infrastruktur abgefedert werden müssen.


In Aschersleben ist man weit davon entfernt, sich die Vision der "perforierten Stadt" zu eigen zu machen. "Leitbild des Stadtumbauprozesses ist die Stärkung der Innenstadt durch eine konzentrische Schrumpfung von außen nach innen, durch Abriss von Plattenbauten an der Peripherie und Konzentration der Bautätigkeit im Stadtkern, um das historische Stadtgebiet aufzuwerten", heißt es in einem Schriftsatz "Beschreibung des IBA-Themas" vom März 2004.


So dass Aschersleben mit seinem Stadtumbaukonzept zu einer IBA-Modellstadt avanciert ist. Denn ihre Strategie hat die Stadt an der Eine ganz eigenständig entwickelt. Das Plattenbaugebiet Helmut-Wels-Straße mit 800 Wohneinheiten wird komplett abgerissen (167 Wohneinheiten sind bereits beseitigt), gleichzeitig nimmt die Aufwertung der heute schon blitzblanken, von Fachwerkhäusern und herausragenden Baudenkmalen wie dem Rathaus aus dem 16.Jahrhundert geprägten Innenstadt konkrete Formen an. Für Bauamtsleiterin Ria Uhlig ist es "das Herz, das wir zum Schlagen bringen müssen".


Die chirurgischen Mittel, die dabei zum Einsatz kommen, erinnern an die medizinische Transplantation. Auf zwei Brachflächen entsteht eine "neue Altstadt" in schmucken, abwechslungsreichen Formen. Dach- und Fassadengestalt, Erker und Gaupen der im Hausinnern schlicht gehaltenen 35 Seniorenwohnungen hat das Ascherslebener Planungsbüro Peter Schaltke in Anlehnung an das historische Vokabular der Stadt entwickelt.


Gegenüber ist mit dem Altstadtcenter der Architekten Lindner, Roettig und Klasing ein lebendiger Neubaukomplex in kleinteiliger Gliederung empor gewachsen. Neben Wohnungsmietern residieren hier ein Hotel, ein Kunstmaler, ein Friseur, Geschäfte des täglichen Bedarfs und eine Bauhandlung - der klassische Nutzungsmix, der in vielen Städten verloren zu gehen droht. Der Erfolg macht Aufsehen: Für den Umbau des Gefängnisses, eines Klinkerbaus von 1896, zum Stadtarchiv wurde Mara Pinardi aus Wittenberg mit dem Architekturpreis Sachsen-Anhalt geehrt.


Problemzone bleibt die "Ortsdurchfahrt" auf dem peripheren gründerzeitlichen Ring mit 17 000 Kfz/Tag und 20 bis 50 Prozent Leerstand. Doch "Hybridwälle" will sich Ria Uhlig nur als Zwischenlösung vorstellen. "Hier muss Gewerbe her, und da sehen wir auch echte Chancen."


Aufgrund dieser besagten 20 bis 50 Prozent Leerstand sind Abbrüche wohl unvermeidlich, sagt Ria Uhlig.

Artikel erschienen am 2. Juli 2004

Quelle: http://www.welt.de/data/2004/07/02/299345.html



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