Architectura Pro Homine - Forum für Klassische und Traditionelle Baukunst - www.aph-forum.de.vu

    

 · Home · Impressum & Datenschutz · Suche

Seiten mit Postings: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

zum Seitenende

 Forum Index —› Galerie —› Villingen im Schwarzwald - die Zähringerstadt
 


Autor Mitteilung
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 14:37 - 14.07.2003

Mittlerweile liegen mir Ansichtspläne der Neubauten vom Villinger Rietviertel vor. Als "Sahnehäubchen" wird das bezeichnet...was sich aber beim Anblick der Pläne als Katastrophe erweist. Primitiver geht es fast nicht mehr. Würde die Ansichten hier gerne einstellen. Hat jemand die Möglichkeit die Bilder hier einzustellen, wenn ich sie euch maile?
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 21:12 - 16.07.2003

Erste Bürgerproteste wegen des geplanten Neubaus im Villinger Rietviertel.
Hinter dem "Sahnehäubchen"
verbirgt sich eine hohe Blockbebauung.
Interessant auch, wie Architekt und Bauträger hier mit den Bürgern umgehen.


Südkurier vom 16.07.


"Geschockt von der Größenordnung"

Anwohner kritisieren die Dimensionen der geplanten Riet-Bebauung: Keine Sonne, keine Gemeinsamkeit mehr

VS-Villingen
VON TATJANA PERUSIC

Ein Stück Idylle mitten in der Altstadt:Wegen des geplanten neuen Wohnquartiers im Riet fürchten die Anwohner nun jedoch um ihren Wohnwert in dem kleinen Winkel Alt-Villingens. Bild: Jochen Hahne
VS-Villingen - Der Schreck ist groß. Nachdem die Dimensionen des Bauvorhabens auf dem bisherigen Areal des Bildungszentrums Turmgasse bekannt wurden, fürchten die Nachbarn um die Idylle in dem gemütlichen Winkel Alt-Villingens. "Wir sind schockiert", kommentieren sie die geplante Bebauung, die ihre kleinen Altstadthäuschen teils weit überragen wird. Jetzt wollen sich die Anlieger mit ihrem Protest an OB Rupert Kubon wenden.

In dem kleinen, verwunschenen Innenhof-Garten, der sich hinter den bunten Fassaden an der Turmgasse versteckt, sitzen die rund 15 Nachbarn einträchtig um den Gartentisch. Hier ist es ein wenig wie draußen im Grünen, mitten in der Innenstadt. Doch die Menschen am Tisch sprechen über ihre Probleme. Als die Nachbarn von den wahren Dimensionen des von der Familienheim-Baugenossenschaft geplanten Wohnquartiers (der SÜDKURIER berichtete) erfahren haben, haben sie sofort beschlossen, etwas zu unternehmen und zusammenzuhalten. Hier, hinten im Riet, gilt die Gemeinschaft eben noch was, hier kennt noch jeder jeden. Und genau diese Gemeinschaft sehen die Nachbarn nun in Gefahr: "Wir sind von der Größenordnung des Projekts geschockt, das wird ein richtiger anonymer Wohnblock", fürchten sie einen riesigen Fremdkörper in ihrer kleinen Welt.

Höhe als Kritikpunkt

Die Baugenossenschaft will die Gebäude zum kommenden Frühjahr abreissen. Das Areal soll ausgebaggert werden, um Raum für Tiefgarage und Keller zu schaffen. Zehn aneinanderhängende Einzelhäuser mit unterschiedlichen Höhen und Fassaden werden dann, so der Plan, entlang der Zinser- und Turmgasse entstehen. 23 Wohneinheiten finden in dem sechs Millionen Euro teuren Komplex Platz. Am Schnittpunkt der beiden Gassen entsteht das "Turmhaus", das höchste Gebäude des neuen Wohnquartiers und zugleich Stein des Anstoßes.

Die Nachbarn sehen dunkle Zeiten auf sich zukommen - im wahrsten Sinne. Rund 18 Meter hoch wird das "Turmhaus", mächtiger selbst als die alte Zehntscheuer, die an der anderen Ecke der Turmgasse steht. "Es wird richtig dunkel bei uns", fürchtet Anwohner Tankred Ebeling, dass die neuen Gebäude die wesentlich kleineren Häuser von der Sonne abschirmen werden. "Da schauen uns dann 23 Parteien von oben in die Gärten", so Ebeling. "Ein solcher Wohnblock gehört einfach nicht in die Innenstadt", schlägt auch Ottmar Muschall, der Initiator des Nachbar-Treffens, in die gleiche Kerbe. Man dürfe ein soziales Gefüge wie in diesem Winkel der Altstadt nicht zerstören, meint Josef Fuchs, Ex-Stadtarchivar und selbst Anwohner.

Weniger Lebensqualität auf der einen Seite, gleichzeitig aber auch einen herben Wertverlust für ihre Häuser fürchten die Rietbewohner. "Wenn mir das dann zuviel wird, kann ich mein Haus zwar verkaufen, aber ohne schöne Aussicht kriege ich doch kaum mehr was dafür", klagt Christa Ebeling. Außerdem haben die Hausbesitzer Angst vor Schäden an ihren eigenen Häusern durch die massiven Bauarbeiten - Risse in den Wänden etwa durch die Erschütterungen beim Bau oder Probleme mit dem Grundwasser.

Jetzt wollen sich die betroffenen Anlieger an OB Kubon wenden, fordern auch einen baldigen Gesprächstermin mit dem Stadtoberhaupt. Nach den Sommerferien will die Baugesellschaft bereits den Bauantrag einreichen. "Wir haben nichts gegen etwas Neues, aber es muss ins Stadtbild passen", sagt Christa Ebeling. Hier gehe es den Bauherren eindeutig nur um die Gewinnmaximierung, kritisiert ihr Sohn Tankred derweil. "Bei etwas Kleinerem könnte man ja drüber reden", meint er. Riet-Sanierung, so das ursprüngliche Schlagwort, bedeute schließlich nicht Abreissen. Verärgert sind die Nachbarn ohnehin über Behauptungen aus den Reihen der Genossenschaft, man "habe von den Anliegern uneingeschränkte Zustimmung erfahren". "Nicht wahr", kommentieren die Betroffenen. Zwar habe es eine Infoveranstaltung für die Nachbarn gegeben, genaue Maße seien damals aber nicht genannt worden. "Wir hätten ihnen auch einen richtigen Block hinstellen können", sei statt dessen die Antwort auf eine kritische Anmerkung gewesen, erzählt ein Anwohner.

Auch die Begründung, eine erhöhte Eckbebauung wie das "Turmhaus" habe es schon im alten Villingen gegeben, sei falsch, erklärt zudem der bekannte Historienwächter Josef Fuchs. Bevor die Winkler-Gebäude entstanden, habe das Areal hauptsächlich aus Gärten bestanden.



Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 23:06 - 02.10.2003

GROSSE PROBLEMATIK IN DER DENKMALPFLEGE UND DER ERHALTUNG ALTER HÄUSER:

UNSERE GESETZE!!!

WAS KÖNNTE MAN TUN?
IST JEMAND IM JURISTISCHEN BEREICH TÄTIG?


02.10.2003 09:07
"Gambrinus" unter dem Hammer
Kulturdenkmal an der Oberen Straße seit Jahren unter Zwangsverwaltung

VS-Villingen
VON MARGA SCHUBERT




Bild:
Das unter Denkmalschutz stehende "Gambrinus"-Gebäude an der Oberen Straße wird versteigert. Die Betreiber der Gaststätte "El Greco" sind lediglich Mieter in dem Haus, haben mit der Versteigerung nichts zu tun. Bild: Jochen Hahne


VS-Villingen - Seit fünf oder sechs Jahren steht das als Kulturdenkmal eingestufte Gambrinus-Haus Ecke Obere Straße/Josefsgasse bereits unter Zwangsverwaltung. Jetzt ist offensichtlich die Hauptgläubigerbank das Spiel leid und beantragte die Zwangsversteigerung. Eigentümerin des an sich stattlichen, aber im Kern doch recht heruntergekommenen Gebäudes ist Anne-Gertrud Kiefer-Riepl, die zwischenzeitlich in Afrika lebt. Auf Mietbasis wird im Erdgeschoss das beliebte griechisches Restaurant El Greco erfolgreich betrieben.

Schon die Sanierung der Gambrinus- Brauerei mit Sudhaus im Anschluss an der Josefsgasse war eine unendliche Geschichte, bis sich das Immobilienbüro Eiche des alten Gemäuers annahm und ein Schmuckstück daraus machte. Das Büro Eiche ersteigerte die Ruine damals in einem harten Duell mit der Gläubigerbank, der Rheinboten Hypothekenbank in Köln. Ob dieses Bankinstitut auch Gläubigerin für die Gambrinus-Gaststätte ist, wurde nicht bekannt.

Dreh- und Angelpunkt der langjährigen Geschichte um diesen Häuserkomplex (Vorderhaus mit Gaststätte und Brauerei) ist der Ex-SPD-Landtagsabgeordnete Hartmut Riepl. Keiner seiner hochfliegenden Pläne konnte er umsetzen, er ist mit der Brauerei gescheitert wie auch mit dem Gambrinus-Vorderhaus. Wobei er nie mit eigenem Hab und Gut spekulierte, er plante immer mit dem Besitz seiner jeweiligen Ehefrauen, denen dann letztlich nur Scherbenhaufen übrig blieben. Beide Häuser endeten in der Zwangsversteigerung. Damit will der Ex-Planer nichts zu tun haben.

Wobei das Schicksal der Gambrinus-Gaststätte, für die der Versteigerungstermin auf den 24. November festgelegt ist, zu der zweiten unendlichen Geschichte werden könnte wie das Hinterhaus. Das stattliche unter Denkmalschutz stehende Haus an der Oberen Straße steht in der Versteigerung mit einem Verkehrswert von 560000 Euro zu Buch. Ein Preis, für den sich vermutlich kein Käufer finden wird. Und bei einem gesetzlich festgelegten Mindestgebot von 70 Prozent des Verkehrswertes würde der Preis immer noch bei knapp 400000 Euro liegen.

Insider vermuten, dass der erste Versteigerungstermin vermutlich im Sande verlaufen wird. Chancen für Interessenten, billiger an die Immobilie zu kommen, sind dann schon beim zweiten Termin.

Ob das Immobilienbüro Eiche Interesse hätte, auch den Rest des Gebäudekomplexes zu ersteigern. Gunter Eiche lacht auf diese Frage des SÜDKURIER. "Wir haben mit unserem Projekt genügend zu tun". Denn der Umbau der Brauerei zu dem jetzigen Schmuckstück an der Josefsgasse sei ein Kraftakt gewesen. Gunter Eiche wäre kein Immobilien-Mann, wenn es ihn nicht trotzdem in den Fingern jucken würde, ein Kulturdenkmal, ein Teil des Gesamtkomplexes Gambrinus-Brauerei, zu sanieren. Doch der Preis sei viel zu hoch, obwohl die jetzige Rendite gar nicht so schlecht sei. Aber ohne Investitionen in Millionenhöhe habe das Haus keine Zukunft.

Wenn kein zahlungskräftiger Investor gefunden wird, sieht die Zukunft des Gebäudes mit einer Kernsubstanz aus dem späten Mittelalter und einer Fassadengestaltung aus dem 19. Jahrhundert mit Sicherheit schwarz aus. Ein weiteres Kulturdenkmal in der Stadt würde - wie manch anderes negative Beispiel - Jahr für Jahr weiter vor sich hin modern, bis es irgendwann zum Abbruch freigegeben wird.

Denn die vom Amtsgericht eingesetzte Zwangsverwalterin Susanne Fischer kann lediglich "verwalten" und für die Sicherheit sorgen. Modernisierungen stehen nicht im Katalog der Zwangsverwaltung. Düstere Aussichten für wertvolle Zeugen der Villinger Geschichte.

[Link zum eingefügten Bild]

Das unter Denkmalschutz stehende "Gambrinus"-Gebäude an der Oberen Straße wird versteigert. Die Betreiber der Gaststätte "El Greco" sind lediglich Mieter in dem Haus, haben mit der Versteigerung nichts zu tun. Bild: Jochen Hahne

Jürgen
Senior-Mitglied

Beiträge: 370


 

Gesendet: 23:38 - 02.10.2003

@rösch
Die Fassade sieht ja sehr schön aus!

Und wenn auch eine Art Interessengemeinschaft/Altstadtverein selbst Hand anlegt?

Etwas, das mir so erfahrene "Altstadtfreunde-Mitglieder" immer erzählen: Nur Geld zählt, alles andere wird gnadenlos niedergebügelt. Keiner kümmert sich um irgendetwas, wenn es nicht von den Bürgern selbst gemacht/bezahlt wird.

Auch nach 30 Jahren wird immer nur für die Endprodukte, die fertiggestellten Objekte der Altstadtfreunde geworben - wenn ein Kauf direkt ansteht und Geld nötig ist, sind die Bürger immer auf sich alleine gestellt...

Also vielleicht die einzige Möglichkeit.

Hier noch ein Link über die Entstehung der Altstadtfreunde, der mich selbst immer wieder ermutigt, das richtige zu tun (denn wie gesagt, ich bin ja selbst im Vergleich zu den "Pionieren" erst seit kurzem Mitglied).

Er zeigt auf, wie klein das alles angefangen hat.

Ansonsten würde ich gerne etwas "konkretes" in Deinem geschilderten Fall tun: Teile mir nur mit, was am wirkungsvollsten wäre.

Grüße

http://www.nuernberg.de/verwaltung/publikationen/nuernberg_heute_72/nh_70_05.html
PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 01:29 - 03.10.2003

@Rösch
Frag mal Matthias, der wirkt ziemlich fit in Rechtsangelegenheiten. Ich bin zwar ein gebildeter Laie in Rechtsfragen, aber bei so Fällen kenn ich mich nicht gut aus.

Generell: Eigentum verpflichtet - man kann mit seinem Eigentum nicht machen was man will. GRade in diesem Falle nicht, es ist ja eine öffentliche Angelegenheit.mir ist jetzt nicth klar, wer der Eigentümer ist, die Riepl in Africa, oder ihr merkwürdiger ehegatte? in jedem falle sind die verpflichtet, es in stand zu halten. andererseits: wo kein geld ist gibt es nichts zu holen, wenn die kein geld haben, und sich kein käufer findet, kann man nichts tun, glaube ich. es ist wohl ähnlic h wie der leipziger hof, ein barockes hotelgebäude, das in dresden vor sich hin rottet, und bald zusammenkracht,wenn sich nicht bald ein käufer findet. ich glaube, esw wird inzwischen für einen Euro angeboten (kein wunder, weil der der es kauft, erstmal genmug zahlen wird, um die bruchbude wieder bewohnbar zu machen).

wie gesagt ich bin da nicht so der experte, das waren nur einige anregungen. bist du denn aus villingen, oder was? auf jeden fall müssen die leute DORT was machen!

es gibt ausserdem noch spezielle denkmalschutzgesetze. beeil dich mit der antwort, denn ich telefoniere demnächst wieder mit stefan herzig von der GHND, und der hat wohl ein bischen ahnung....bist du denn aus villingen?
PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 01:31 - 03.10.2003

übrigens:

"Nur Geld zählt, alles andere wird gnadenlos niedergebügelt. Keiner kümmert sich um irgendetwas, wenn es nicht von den Bürgern selbst gemacht/bezahlt wird. "

das ist leider wahr! was glaubst du, warum ich grade immer mit dresden so vehement-fordernd und laut auftrete! anders erreicht man nichts. wir kennen diesen brüder doch, seien es investoren, seien es politiker. ach ja, und unsere speziellen freunde, die architekten. ....hätt ihc beinah vergessen.
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 20:45 - 03.10.2003

@Jürgen, Peter

Vielen Dank für die Rückmeldung und die Tatsache, dass Du Jürgen auch konkret etwas tun würdest.
Der Linkzur Entstehung der Altstadtfreunde ist ebenfalls sehr interessant.

Peter, komme in der Tat aus Villingen.
Für dein Angebot bei Herrn Herzig nachzufragen, möchte ich dir im voraus danken. Die Denkmalschutzgesetze in Baden-Württemberg wurden allerdings vor 1 1/2 Jahre dermassen aufgeweicht, so dass die Untere Behörde, bei der Stadt angesiedelt, alleinige Entscheidungsrechte hat, also die Mittlere und Obere Behörde zwar hören, aber schliesslich selbst entscheiden kann. Damit ist natürlich jedem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Kommt ein zahlungskräftiger Investor, der kein Interesse an der Erhaltung eines Denkmales hat, schiesst dieser solange bis die Stadt weich geklopft ist und dann von dieser unter dem Vorwand "Höherwertiger Interessen" die Gebäude zum Abbruch freigibt. Es wird aber auch mit anderen miesen Mitteln gearbeitet. Sei es wie im Falle Müller-Drogeriemarkt, der vorsätzlich Dachziegel entfernen liess und Fenster seiner Immobilien in Villingen offen stehen lässt, damit sie Witterung und Tieren freigegeben sind. Die Behörden stellen dann in naiver Weise nach 1 oder 2 Jahren nur noch fest: Erhaltung unzumutbar.

Die Besitzerin des Haus ist im übrigen die geschiedene Frau von Herrn Rieplin Afrika.



Zurück zu obigem Artikel:

Aus rechtlicher Sicht gibt es natürlich noch die Möglichkeit der Zwangsenteignung, die das Gebäude vor der weiteren Verwahrlosung schützen könnte. Problem bei der Sache: das Gebäude würde in die öffentliche Hand übergehen, also in Besitz der Stadt. Die Stadt Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg hat aber wie viele andere Städte zur Zeit kein Geld im Stadtsäckel. Das Problem wäre also nicht gelöst.Im Gegenteil,seit einigen Jahren versucht die Stadt bereits Immobilien im städtischen Besitz zu verkaufen - ohne Erfolg! Grund für diese Situation ist, dass die Stadt Villingen-Schwenningen in all den Jahren Unmengen an Summen für das Kunstprodukt Villingen-Schwenningen, eine Retorte der Verwaltungsreform Anfang der 70er verschleudert hat. Die ehemals selbständigen Städte Villingen und Schwenningen mussten partout als neues Oberzentrum in Baden-Württemberg an der ehemaligen Grenze zwischen Baden und Württemberg herhalten. Die Misere dieser Entscheidung bekommen wir heute in finanzschwachen Zeiten deutlich zu spüren. Während man zwischen Villingen und Schwenningen seit über 30 Jahren eine gemeinsame Mitte schaffen wollte und Millionen an Steuergeldern in den Boden setzte, setzten die Mittelzentren, beispielsweise Rottweil und Tuttlingen auf ihre vorhandenen Strukturen und stehen objektiv heute besser da als das Oberzentrum.Das nur als Hintergrundinformation.

Die Bildung eines Vereins für das Villinger Stadtbild, an der ich beteiligt bin, steckt noch in den Kinderschuhen. Problematik auch hier die Doppelstadt Villingen-Schwenningen. Alles was irgendwie nach Erhaltung und Bewahrung örtlicher Identität riecht, wird von Seiten der Stadt nicht unterstützt, da es nicht im Sinne der gemeinsamen Stadt ist. Die Folge davon ist bsplw. der Ausverkauf der alten Stadt Villingen. Zahlreiche Gebäude in städt. Besitz wurden in den vergangen Jahren in der Tat abgebrochen, weil die Stadt versäumt hatte zuvor Geld für die Instandhaltung bereit zu stellen. Investoren suchten man deshalb vergeblich. Für neue Projekte fliesst dagegen ausschlieschlich das Geld aus Förderprogrammen.

Die Stadtbildvereinigung tut sich sehr schwer mit den veränderten Bedingungen in der Stadt. Traditionspflege und Bewahrung reduzieren sich in Villingen heute ausschliesslich auf die Fastnacht.
In 30Jahren Doppelstadt Villingen-Schwenningen ist das Interesse an Bewahrung - politisch verursacht - in Resignation gesunken. Das Bewusstsein um die alte Stadt Villingen wird tagtäglich mit Füssen getreten - alles zum Wohl der Doppelstadt. Nicht desto trotz geht die Arbeit der AG Stadtbild Villingen weiter...

Das Problem für Villingen bleibt die Doppelstadt.Ohne das man diese Fehlentscheidung nicht rückgängig macht, fühlt sich in Verwaltung und Gemeinderat niemand wirklich den örtlichen Traditionen und der Geschichte der ehemals selbstständigen Städte verpflichtet. Alles orientiert sich ausschließlich an Villingen-Schwenningen.


Wer also hier Ansätze zur Lösung des Grundübels erkennt, soll sie bitte nenne.

Sehr interessant wäre sicherlich auch, wenn man Herrn Herzig oder Personen aus dem Kreis der Altstadtfreunde für einen Vortrag nach Villingen gewinnen könnte. Das bedarf natürlich längerer Vorlaufzeit und Planung.




Die AG Stadtbild Villingen ist nicht als Verein organisiert. Zum jetzigen Zeitpunkt steht in erster
Linie das Bewusstmachen um die örtliche Baugeschichte im Vordergrund. Von Erfolgen wie in Nürnberg oder andernorts kann man hier nur träumen, solange die Grundproblematik nicht geklärt ist.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer:

Derzeit wird eine Satzung für die historische Innenstadt von Villingen ausgearbeit, auf die wir gedrängt haben und die im Rahmen der LBO zulässig ist. Sie soll bewirken, dass
bei Neubauten wenigstens die charakteristischen Elemente des Villinger Bürgerhauses respektiert werden. Problem aber auch hier: Diese Satzung muss den Gemeinderat passieren und dort sitzen viele Leute, die für diese Angelegenheit weder Sinn noch Interesse haben. Im Jahr 2004 sind Kommunalwahlen, dann wird die AG Stadtbild im Vorfeld die Verantwortlichen im Gemeinderat daran messen. Und dann liegt es im Interesse und Wille der Bevölkerung, ob sie sich für oder gegen ihre alte Stadt entscheiden.


Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 20:06 - 14.10.2003

Wir sind im Sanierungsstau"
Bei OB Kubon gesunde Skepsis in Bezug auf Gemeindefinanzreform - Gerechteres Steuersystem gefordert

Villingen-Schwenningen

[Link zum eingefügten Bild]
Zerfallen die Städte und Gemeinden infolge von Geldmangel? Hier ein Blick in die Villinger Färberstraße. Bild: Jochen Hahne


Villingen-Schwenningen (rat) Die Finanzsituation vieler Städte und Gemeinden in Deutschland ist dramatisch schlecht. Die Doppelstadt bildet da keine Ausnahme. "Wir sind im Sanierungsstau", klagte Oberbürgermeister Rupert Kubon gestern in einer Pressekonferenz. Öffentliche Gebäude verfallen; es wäre so viel daran instand zu setzen - allein das Geld fehlt.

Der Bürger bekommt die Finanznot von Städten und Gemeinden unmittelbar zu spüren. Die Bundesregierung reagiert: Mehr Geld in die Stadtsäckel soll ihre Gewerbesteuerreform bringen. Für dieses Jahr rechnen die Kommunen mit Einnahmen aus dieser Steuer von 16,4 Milliarden Euro, durch die Reform erhoffen sie sich immerhin 3,9 Milliarden Euro mehr. Voraussetzung für diese Summe ist aber, dass die Reform vollständig umgesetzt wird: So sollen zum einen Freiberufler wie Ärzte und Rechtsanwälte künftig ebenfalls Gewerbesteuer zahlen, zum anderen sollen auch ertragsunabhängige Elemente wie Zinsen und Mieten besteuert werden.

Gegen diese so genannte Substanzbesteuerung aber läuft die Wirtschaft bekanntermaßen Sturm - und hat angesichts der flauen Konjunktur und der schwierigen Lage vieler Unternehmen Unterstützung in der Regierung gefunden.

Weitere Einsparungen für die Kommunen soll die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bringen. Die Ersparnis für Städte und Gemeinden aus dieser Maßnahme wird auf bis zu zehn Milliarden Euro geschätzt. Doch wieviel von dem Geld die Kommunen behalten dürfen, ist unklar. Den bisher bekannten Plänen zufolge will sich der Bund nämlich seine zusätzlichen Ausgaben durch einen höheren Anteil an den Mehrwertsteuereinnahmen, die an Bund, Länder und Kommunen fließen, zurückholen. Die Kämmerer fürchten, dass dies auf ihre Kosten gehen wird.

Dieser Gefahr ist sich auch "VS-Finanzminister" Werner Echle bewusst. Für seinen Chef Rupert Kubon ist klar: Der Verteilungskampf zwischen den drei Ebenen Bund, Länder und Kommunen kann nur durch die Rückkehr zum Subsidiaritätsprinzip beendet werden, was soviel heißt, als dass sich Bund und Länder auf ihre Verpflichtungen gegenüber Städten und Gemeinden besinnen und eigene Projekte in Zeiten der Finanznot lieber zurück stellen sollen. Investitionen an der Basis, findet Kubon, seien wichtiger. Baubürgermeister Rolf Fußhoeller sieht das ebenso, würden doch beispielsweise durch den baulichen Erhalt von Schulgebäuden die Rahmenbedingungen für die zukunftswichtige Gemeinschaftsaufgabe "Bildung" geschaffen. Grau ist freilich alle Theorie, wenn die Kassen leer sind: Über 20 Millionen Euro, relativierte Kämmerer Echle gestern, würde es kosten, um die maroden städtischen Schulen auf Vordermann zu bringen.

Ähnlich schlecht ist es um weitere städtische Gebäude bestellt, deren Verfall mit dem des kommunalen Vermögens einher geht: Viele Verwaltungsbauten in Villingen-Schwenningen hätten eine Überholung nötig, ebenso das Alte Villinger Rathaus oder das Abt-Gaisser-Haus. Besonders gravierend wirkt sich die Misere in Schwenningen aus, wo auf lange Sicht die Mittel fehlen, um die einzige große Veranstaltungsstätte, das Beethovenhaus, zu sanieren. Dass dies wirtschaftlich möglich wäre, dokumentiert ein Gutachten des Villinger Architekten Gerhard Janasik aus dem letzten Jahr; fünf Millionen Euro jedoch würde das schon kosten.

Dass die Gemeindefinanzreform diese Gelder in die Stadtkasse spült, kann Oberbürgermeister Kubon noch nicht absehen. Vielmehr hält er eine gesunde Skepsis für angebracht, dies lege "die Erfahrung aus der Vergangenheit" nahe. "Gerechtere Steuersysteme" seien notwendig, "um die finanzielle Schieflage zu korrigieren".

Gravierend wirke sich vor allem die Gewerbesteuerflucht von Großbetrieben auch in Villingen-Schwenningen aus. Diese Betriebe, stellt Stadtkämmerer Echle klar, seien mit Schuld an der Ebbe in den kommunalen Kassen. Gerade auch weil die Gewerbesteuer die wichtigste kommunale Einnahmequelle ist - rund 25 Millionen Euro nimmt die Stadt im Jahresschnitt ein. Eng wird es allerdings im kommenden Jahr. Weil in diesem Jahr weniger Gewerbesteuer fließen soll und das Land diese Ausfälle nicht - wie bisher üblich - ausgleichen wird. Echle: "Sechs Millionen fehlen uns sicher."

quelle:skol.de 14.10.2003

Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 03:13 - 12.11.2003

Die rekonstruierte Silbermannorgel in Villingen

Mehr unter: http://www.silbermann-orgel.de/index-sr.htm




[Link zum eingefügten Bild]

[Link zum eingefügten Bild]

Projektbeschreibung

Im Januar 1751 brachen Johann Andreas Silbermann und sein Bruder Daniel zu Pferd von Straßburg auf, um den Vertrag für den Bau einer
„Orgel bei den Herren Benedictinern zu St. Georgen in Villingen am Schwartzwald“
abzuschließen. Für das Zustandekommen dieses ersten von Silbermann diesseits des Rheins gebauten und später weithin bekannten Instrumentes waren neben Silbermann maßgebend der damalige Prior des Villinger Klosters und nachmalige Abt, Pater Coelestin Wahl, sowie der Villinger Schreiner Martin Hermann.

Im Frühsommer 1752 wurde die Orgel in der Benediktinerkirche aufgestellt und diente fortan nicht nur der musikalischen Bereicherung der Liturgie. Die Klostermusik von St. Georg dürfte die Musikkultur der Freien Reichsstadt Villingen schlechthin gewesen sein. Nur gute 50 Jahre allerdings währte die Freude an dem schönen Instrument. Nachdem Villingen in Folge der Säkularisation an das Land Baden gefallen war, wurde die silbermannsche Orgel auf Weisung des badischen Großherzogs abgebrochen und in seine Residenzstadt Karlsruhe geschafft. Dort ging sie nach vielfältigen Umbauten und Veränderungen entsprechend dem jeweiligen Zeitgeschmack schließlich unter.

Nach sorgfältigen Recherchen fiel 1997 die Entscheidung, das Werk von J.A. Silbermann für die Villinger Benediktinerkirche rekonstruieren zu lassen. Der elsässische Orgelbauer Gaston Kern in Hattmatt wurde mit der Aufgabe betraut. Nun ist die Orgel quasi an ihren früheren Aufstellungsort zurückgekehrt. Am 21. September 2002 wurde sie in einem feierlichen Gottesdienst vom Freiburger Weihbischof Dr. Bernd Uhl geweiht. Die Finanzierung dieses einmaligen 1,5 Mio-DM-Projektes wurde durch einzigartiges Engagement von Bürgern aus ganz Europa ohne jegliche öffentliche Mittel bewerkstelligt.

Jürgen
Senior-Mitglied

Beiträge: 370


 

Gesendet: 12:19 - 12.11.2003

@rösch
Danke für den Beitrag. So ein Vorgang zeigt, dass es eigentlich keine zeitliche Grenzen gibt, wenn es um die Wiederherstellung kultureller Güter geht, die für die Einwohner lokal einen großen Stellenwert besitzen.

In Deinem angeführten Beispiel sind ja fast genau 200 Jahre vergangen: vom Abtransport nach Karlsruhe, der Zerstörung dort und der Wiedererrichtung am ursprünglichen Ort. Ich denke das wertvolle Instrument besitzt seitdem wieder den Stellenwert unter der Bevölkerung, den es vor 200 Jahren schon inne hatte. Es ist wahrscheinlich, als hätte die Orgel den Platz nie verlassen...

(Liege ich richtig?)

Beispielhaft ist auch das Engagement der Bevölkerung. Auch hier zeigt sich wieder, wieviel der Bürger bereit ist, zu geben, wenn nur ein Stück lokale Identität und Tradition wiederkehrt!!

Seiten mit Postings: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

- Villingen im Schwarzwald - die Zähringerstadt -

zum Seitenanfang



 Forum Index —› Galerie —› Villingen im Schwarzwald - die Zähringerstadt
 



Version 3.1 | Load: 0.003426 | S: 1_2